Laudatio von Klaus Kirchner anläßlich der akademischen Feier zur 100 Jahrfeier Kewa Wachenbuchen am 19.März 2011

Sehr geehrte Damen und Herren, werte Gäste, liebe Sportfreunde,

es ist mir eine Herzensangelegenheit heute die Laudatio für ein ganz besonderes Geburtstagkind halten zu dürfen.

100 Jahre Fußball in Wachenbuchen gilt es zu feiern und zu würdigen.

Im Zeitraffer möchte ich gemeinsam mit Ihnen diese 100 Jahre Revue passieren lassen.

Als erstes möchte ich den 22 jungen und vor allem mutigen Männern danken, die 1911 den Fußballsportverein 1911 Wachen-buchen gründeten.

Kaiser Wilhelm der II. regierte in Deutschland. Der spätere US-Präsident Ronald Reagan wird geboren, die 1. Ralley Monte Carlo fand statt und Italien erklärte dem osmanischen Reich den Krieg.

All dies konnte die Schar der unentwegten nicht davon abhalten im kleinen Wachenbuchen einen Fußballverein zu gründen, der im Laufe der Jahre zu einer festen Größe nicht nur in der hiesigen Region wurde.

Zwar nahm man bereits 1912 an Titelkämpfen teil, doch war die erste Dekade des jungen Vereines geprägt durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges.

Nach Beendigung des Krieges wurde der Spielbetrieb „ An der Bleiche“ wieder aufgenommen, doch hatte der Krieg deutliche Spuren hinterlassen.

1922 schloss man sich mit den Sportfreunden aus Kesselstadt zusammen und die Spielvereinigung KeWa war geboren. Die beiden Anfangsbuchstaben der Ortsnamen sind noch heute Bestandteil unseres Vereinsnamens.

1924 wurde dann das Spielfeld „Am Hanauer Weg“ eingeweiht und diente fortan als neue Heimat, die bis zum heutigen Tage Bestand hat.

1925 wanderte dann ein Teil der KeWa wieder nach Kesselstadt ab und gründet den VFR Kesselstadt.

In Zeiten in denen Jonny Weismüller seinen 1. Weltrekord schwimmt, die Sowjetunion und die Disney-Studios gegründet werden, versucht sich der junge Verein weiter zu stabilisieren.

Österreich führt als erstes kontinental-europäisches Land eine Fußballprofiliga ein und in England wird das Wembleystadion eingeweiht. Davon unbeeindruckt, stellte sich für die KeWa Ende der 20-iger Jahre mit dem Gewinn der Ostmain-Kreismeisterschaft der erste sportliche Erfolg ein.

Die 30-iger Jahre waren von den bekannten politischen Einflüssen geprägt. Aufgrund dieser kam es auch zur noch heute gültigen Vereinsbezeichnung.

1933 wurde der Turnverein 1887 Wachenbuchen in den Verein aufgenommen. Seither lautet die Vereinsbezeichnung: Turn- und Spielvereinigung KeWa 1887/04 Wachenbuchen.

Bayern München wird erstmals Deutscher Fußballmeister, die olympischen Spiele finden in Berlin statt, das Luftschiff Hindenburg explodiert und Rapid Wien wird Deutscher Pokalsieger.

In diesen unruhigen Zeiten behielt man in Wachenbuchen die Nerven und so erlebte die KeWa ihren ersten sportlichen Höhenflug, der im Aufstieg in die damals höchste deutsche Spielklasse, die Gauliga, gipfelte. Höhepunkt war das Spiel im Tschammer-Pokal gegen den Dresdner Sportclub vor über 3.500 Zuschauern.

In den frühen 40-iger Jahren war aufgrund des Krieges ein geregelter Spielbetrieb nicht aufrecht zu erhalten. Bemerkenswert allerdings, das es zu dieser Zeit immer noch Länderspiele der deutschen Mannschaft gab. Erwähnenswert das Länderspieldebüt von Fritz Walther gegen Rumänien.

Bereits 45/46 wurde in Wachenbuchen wieder Fußball gespielt. Zudem nahm auch die bereits vor dem Krieg gegründete Damenhandball-Mannschaft den Spielbetrieb wieder auf. Auch gab es eine Männerriege in dieser Sportart.

Die KeWa spielte mit wechselhaftem Erfolg in der damaligen Bezirksklasse.

Konrad Adenauer wird 1. Kanzler der Bundesrepublik Deutschland und der langjährige KeWa-Vorsitzende und spätere Vorsitzende des Hessischen Fußball-Verbandes, Carl Fucker, wird zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Die 50er-Jahre beginnen endlich wieder mit einer Fußballweltmeisterschaft. Uruguay heißt der verdiente Sieger.

Eltern in der DDR erhalten für ihre Neugeborenen ein Begrüßungsgeld, ein Busenblitzer von Sünderin Hildegard Knef sorgt für einen Sittenskandal in Deutschland, Cornelia Froboes packt die Badehose ein und während Peter Alexander nur Augen für die Beine von Dolores hat, gründet die KeWa 1955 ihre AH-Abteilung, die noch heute unverzichtbarer Teil der KeWa-Familie ist.

Nachdem die ersten Gastarbeiter nach Deutschland gekommen sind, Sissi ihre Schicksalsjahre als Kaiserin durchlebt hat und Eintracht Frankfurt erstmals Deutscher Meister wird, entschließt sich die KeWa eine Bausteinsammlung für den Bau eines Umkleidehauses durchzuführen.

Die 60-iger Jahre beginnen spritzig, Armin Harry läuft die 100 m in 10,0 sec. und gewinnt olympisches Gold. Das beschert uns musikalisch eine Nacht voller Seeligkeit, in der wir niemals auseinander gehen wollen.

Es herrscht rege Bautätigkeit in Deutschland. Während die DDR mit dem Mauerbau endgültig das deutsche Volk teilt, beginnt die KeWa mit dem Bau des Umkleidehauses.

Der Schatz im Silbersee kommt in die Kinos und die arbeitende deutsche Bevölkerung hat 15 Tage Mindesturlaub. John F. Kennedy ist ein Berliner und endlich wird die Fußballbundesliga gegründet.

In Wachenbuchen hatte man jedoch ganz andere Aufgaben zu erledigen. Es werden Energiekabel in Eigenregie bis zum Sportgelände verlegt, 4 Flutlichtmasten installiert und das Umkleidehaus fertig gestellt.

Galten in Hollywood Rock Hudson und Doris Day als Traumpaar, so waren dies bei den Bauarbeiten auf dem KeWa-Sportplatz Willi Steg und Friedel Ditter.

Blinzler Siggi Held weiht im Sportstudio die ZDF-Torwand ein und mit Neil Amstrong betritt vermutlich der erste Mensch den Mond, dies war für ihn ein kleiner Schritt.

Die großen Sprünge machte zu dieser Zeit die KeWa, wurde man doch 2 mal Meister der B-Liga Hanau und zudem Kreispokalsieger.

Die 70-iger bescheren uns den ersten Tatort mit einer Taxifahrt nach Leipzig. Die Eröffnung des ersten Mc Donalds in Deutschland revolutioniert die Ernährungswissenschaft und die Watergateaffäre erschüttert Amerika.

Für die KeWa verlief dieses Jahrzehnt wie immer ohne Affären, dafür äußerst erfolgreich. Es wurde die erste Jugendspielgemeinschaft gegründet, zu-nächst nur mit Mittelbuchen, dann ein 3er-Verbund mit dem FC Hochstadt.

Die 1. Mannschaft konnte 2 Meisterschaften in der Kreisliga A Hanau feiern. Die Reservemannschaft konnte ihren insgesamt 9. Meistertitel feiern und so ganz nebenbei liefen die Planungen für die Erweiterung des Umkleidegebäudes und die ersten Verhandlungen mit der Stadt Maintal über den Bau eines 2. Spielfeldes.

Der weiße Hai kam in die deutschen Kinos, die Gurtpflicht wurde eingeführt, die Dampfloks wurden per Gesetz verboten und musikalisch erlebten wir unser Waterloo mit der Gruppe ABBA.

Von alledem ließen sich die rührigen Kewaner nicht beeindrucken und stellten den Erweiterungsbau der Umkleide fertig.

Im Mai 1978 erfolgte ein Generations-Wechsel in der Führungsetage. Der langjährige Vorsitzende Karl-Heinz Hinkel wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt und Hans–Jürgen Zeller übernahm die Vereinsführung.

Zum Ende des Jahrzehnts wurde eine neue Flutlichtanlage in Betrieb genommen und der neue Rasenplatz mit einem Spiel gegen die Hessenauswahl eingeweiht.

Die 80er beginnen mit dem ersten Östrogenskandal in Italien, derart gedopt erringen die Azzuri anschließend den Weltmeistertitel.

Die KeWa steigt ohne die Einnahme verbotener Substanzen in die Kreisliga A Hanau auf und wird wenig später Kreispokalsieger.

Traumhochzeit auf der Insel, Charles heiratet seine Diana, ET will nach Hause telefonieren, wahrscheinlich schnurlos, denn Motorola bringt das erste Handy auf den Markt.

Die KeWa besticht in dieser Zeit eher als mehrmaliger perfekter Ausrichter der legendären Zeltkerb in Wachenbuchen, als durch das erringen von sportlichen Erfolgen.

Die Österreicher veredeln ihren Wein mit Glykol, David Hasselhoff bringt die Mauer zum einstürzen und einigt damit das Deutsche Volk. Zum Dank dafür richtet die KeWa erneut die Zeltkerb aus.

1990 wird Deutschland zum 3. Mal Fußballweltmeister. Freddy Mercury verlässt uns viel zu früh, hinterlässt der KeWa aber mit „We are the champions“ eine Hymne, die noch oft vom Hanauer Weg bis in den Ort hallt.

Sportlich und gesellschaftlich ist dieses letzte Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts für die KeWa mit Highlights gespickt.

Es stand aber auch wieder jede Menge Arbeit im Pflichtenheft der Verantwortlichen.

Die sanitären Anlagen im Umkleidetrakt und im Clubheim wurden in Eigenregie komplett saniert.

Die 3 Punkte-Regel wird eingeführt und Brightman und Bocelli inspirieren mit ihrem Hit „Time to say goodby“ die KeWa zum Aufbruch zu neuen Ufern.

Die Reservemannschaft erringt innerhalb von 4 Jahren 3 Meistertitel.

Unvergessen wohl auch der einmalige Vereinsausflug nach Malaysia, der 80 Mitglieder für 10 Tage in eine neue, faszinierende Welt führte.

Nur bei der 1. Mannschaft wollte es mit der Meisterschaft und dem Aufstieg (noch) nicht klappen. 3 x hintereinander Zweiter, 3 x hintereinander in der Aufstiegsrunde gescheitert.

Nachdem die Todesstrafe endlich auch in Bayern mittels Volksentscheid abgeschafft wurde und Axel Schulz von Wladimir Klitschko arge Prügel bezog, klappte es endlich auch mit der ersehnten Meisterschaft und dem Aufstieg in die Bezirksoberliga.

Nach 23 Jahren endlich wieder ein Meistertitel. Über die Einzelheiten und die Dauer der Feierlichkeiten hülle ich an dieser Stelle den Mantel des Schweigens.

Zum Ende des Jahrtausends weinte der Himmel, als die KeWa im Hanauer Herbert-Dröse-Stadion vor 1.350 Zuschauern gegen den leicht favorisierten Gast aus Leverkusen eine knappe Niederlage bezog.

Am Anfang des neuen Jahrtausends erneut Tränen, wurde es doch mit dem überraschenden Abstieg aus der Bezirksoberliga begonnen.

Doch diese wurden schnell getrocknet, die Mannschaft beschenkte den Verein zum 90-jährigen Jubiläum mit dem erneuten Aufstieg in die Bezirksoberliga.

Ein Zauberlehrling namens Harry Potter erobert die Filmleinwand und Deutschland beginnt den Superstar zu suchen.

In Wachenbuchen ist die Welt in Ordnung. Es wird Bilanz aus dem ersten Ökocheck gezogen, der KeWa-Tag hat Premiere, die Reservemannschaft spielt erstmals in der Kreisliga A Hanau um Punkte und man ist 4 Mal Ausrichter der Kerb.

Der Radsport versinkt im Dopingsumpf, Stefan Raab bekommt von Regina Halmich ordentlich eins auf die Glocke, Deutschland wird Papst und darf nicht mehr rauchen.

„Yes we can“ gilt auch für die Verantwortlichen der KeWa, die sich jetzt mit den Planungen für das besondere Jubiläumsjahr beschäftigen. Professionell, ruhig und sachlich wie man es in Wachenbuchen gewohnt ist.

Wir haben den jüngsten Formel-1 Weltmeister, Lena rockt Europa, Alternativlos wird bezeichnenderweise zum Unwort des Jahres 2010 gekürt und die KeWa wird 100 Jahre alt.

Hier endet der kurze Rückblick über 100 bewegende Jahre KeWa Wachenbuchen, der bewusst keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Ausführliche Details und Statistiken erhalten sie in der Festschrift und im 100 – Jahre KeWa – Buch.

Der Pflichtteil der Laudatio ist hiermit erfüllt, es ist mir jedoch ein besonderes Anliegen noch einen kurzen, eher emotionalen Kürteil folgen zu lassen.

„Alt wird jeder Esel, das ist kein besonderer Verdienst“. sagt der Volksmund zu Recht. Die Art und Weise wie unser heutiger Jubilar das stolze Alter von 100 Jahren erreicht hat, ist für mich einzigartig und bemerkenswert.

Die Verantwortlichen haben es zu jeder Zeit verstanden, ihren aktiven und passiven Mitgliedern mit ihrem Tun und Handeln absolute Verlässlichkeit und Beständigkeit zu vermitteln.

Der Fisch fängt bekanntlich immer am Kopf an zu stinken, dieses Problem hatte die KeWa zum Glück nie.

Wenn man sich die Reihe der bisherigen Vorsitzenden der KeWa näher betrachtet, wird man sehr schnell feststellen, dass hier ausschließlich sogenannte Eigengewächse an vorderster Front standen. Meist gut auf dieses Amt von dem jeweiligen Vorgänger eingearbeitet.

All diesen Idealisten sind wir zu großem Dank verpflichtet.

Sie alle haben mitgewirkt den Begriff der großen KeWa-Familie mit Leben zu erfüllen.

Sie alle haben Werte vermittelt, Werte die noch heute in unserem Vereinsleben Bestand haben.

Es war ihnen immer wichtig, dass die Gemeinschaft und nicht der Einzelne funktionierte. Egoisten und Selbstdarsteller hatten und haben in dieser Gemeinschaft keinen Platz.

Das Wohl des Gesamtvereins steht nach wie vor noch immer vor dem unbedingten sportlichen Erfolg um jeden Preis.

All dies trägt auch wesentlich zur positiven Außendarstellung des Vereines bei. Geschätzt und manchmal von anderen Vereinen beneidet, genießt die KeWa im Fußballerkreisen einen exzellenten Ruf. Zum Leidwesen einiger Kollegen der schreibenden Zunft blieb man in 100 Jahren ohne nennenswerte Skandale.

Ich habe lange darüber nachgedacht was das Phänomen KeWa Wachenbuchen ausmacht, dabei ist es ganz einfach. Es ist der Faktor Mensch und die Wertschätzung die dem Einzelnen entgegengebracht wird.

Mich persönlich hat es immer mit Stolz erfüllt, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.

Unser ehemaliger Torwart Thomas Wenzel hat es in einem Interview vor einigen Jahren exakt auf den Punkt gebracht. „Ich will etwas zurückgegeben“ antwortete er auf die Frage warum er denn Vorstands- und Trainerarbeit bei der KeWa leiste.

Genau das ist es, was viele ehemalige Spieler bewegt, auch noch nach der aktiven Laufbahn für die KeWa tätig zu sein.

Habe ich mich am Anfang meiner Ausführung bei den 22 jungen und mutigen Männer bedankt, die die KeWa gegründet haben, so möchte ich mich zum Abschluss bei den jungen Männern und mittlerweile auch Frauen bedanken, die aktuell Vorstandarbeit für unsere KeWa leisten.

Danken möchte ich auch allen Mitgliedern, ohne die es kein Vereinsleben gäbe. Wann immer der Vorstand eure Hilfe gebraucht hat, konnte er sich auf euch verlassen.

Und hier schließt sich der Kreis, denn es erfordert immer das Miteinander, um einen Verein am Leben zu erhalten.

Werden die bereits erwähnten Werte weiter gepflegt, so bin ich mir sicher, dass unsere KeWa auch in Zukunft noch viele Jubiläen feiern wird.

Ich wünsche unserem Geburtstagskind, mit dem 1. Vorsitzenden Thomas Weber und dem Vorsitzenden des Festausschusses Heinz Kottusch, dass alle Feierlichkeiten gut besucht sind und harmonisch verlaufen.

Ihnen meine Damen und Herren wünsche ich noch einen unterhaltsamen Abend und anregende Gespräche.